Houston, Husten...(hüstel, haben wir ein Problem?)
Seit "ewigen" Zeiten haben die Amerikaner ein Defizit in der Leistungsbilanz. Es wurde mal mehr beachtet, mal weniger. Deutschland exportiert seit Langem zuerst seine Ersparnisse in die USA, die es dann den...
...Amerikanern ermöglichen, deutsche Porsches, Montblanc-Füllfederhalter, Panzer oder Goldbären zu erwerben. Die USA verschulden sich hingegen, um sich mehr privaten und öffentlichen Konsum leisten zu können. Über den Zeitverlauf hinweg wachsen somit die Auslandsforderungen Deutschlands um den jeweiligen Leistungsbilanzüberschuss eines Jahres.
In der nächsten Grafik sieht man:
Der Saldo der US-Leistungsbilanz stürzt seit der Wahl Trumps zum Präsidenten (wieder) regelrecht ab. Von 2016 bis 2019 soll sich das Defizit nach den Berechnungen des IWF um 50 % ausweiten: Von USD 430 Mrd. auf USD 650 Mrd.
Kurz ein "Reminder", was das Leistungsbilanz überhaupt ist, bzw. darstellen soll:
Der Leistungsbilanzsaldo ist gleich der Differenz zwischen dem, was ein Land produziert und dem, was es nachgefragt hat. Wenn Unternehmen und Bürger mehr kaufen als sie produzieren (wie das in den USA seit Jahren der Fall ist und sich jetzt noch verstärkt), dann müssen sie die fehlenden Güter und Dienste im Ausland erwerben.
Das ist dann das Defizit in der Leistungsbilanz. Seine Höhe hängt von der Gesamtheit aller gesamtwirtschaftlichen Bedingungen ab. Die sind in den Vereinigten Staaten derzeit aber alles andere als günstig für eine Verringerung des Defizits. Die Konjunktur boomt. Viele Unternehmen produzieren an der Kapazitätsgrenze und können nicht mehr herstellen. Sie sind auch nicht so wettbewerbsfähig, dass sie ohne weiteres an die Stelle von ausländischen Firmen treten könnten. Umgekehrt sind die Verbraucher optimistisch und kaufen immer mehr. Der Staat gibt mehr aus, als er einnimmt. Das Ergebnis ist, dass es im Inland vorne und hinten an Gütern fehlt.
Ein latentes Problem des Leistungsbilanzdefizits:
Es könnte sich das Schuldenproblem in der Welt verschärfen. Zur starken Verschuldung von Unternehmen und Staaten rund um den Globus kommt jetzt (nämlich) der steigende Kapitalbedarf der USA. Er droht kleinere Schuldner zu verdrängen (crowding out) und sie in noch größere Probleme zu bringen. Schon derzeit wird aus den Schwellen- und Entwicklungsländern in erheblichem Maße Kapital abgezogen und in die USA transferiert. Die Gefahr einer Schuldenkrise in der Welt, vor der der IWF auf seiner Jahrestagung im Oktober 2018 so eindringlich warnte, wäre ohne das US-Leistungsbilanzdefizit geringer.
China und die Angst der USA...
Zusätzlich wäre bei einer Beruhigung des Defizitvergösserung die Abhängigkeit der USA von ausländischen Gläubigern nicht so groß. Derzeit schwebt über den USA stets das Damoklesschwert, dass die Chinesen zum Beispiel eines Tages den Hahn zudrehen und kein neues Kapital mehr zur Verfügung stellen. Noch schlimmer wäre, wenn sie ihre Bestände an US-Treasuries auf den Markt werfen und damit die USA unter Druck setzen würden. Bisher haben sie das noch nicht getan. Aber die Möglichkeit besteht immer. Die Chinesen sind einer der größten Gläubiger der Vereinigten Staaten...
"Last but not least"
Schließlich ist das Leistungsbilanzdefizit auch eine Hypothek für den Wechselkurs. Wenn es sich erhöht, schwächt das den US-Dollar und bewirkt für sich genommen eine Abwertung. Es gibt zwar viele Dinge, die am Devisenmarkt eine Rolle spielen, aber die Leistungsbilanz gehört nicht zu den geringsten. Es könnte sein, dass Präsident Trump eine Abwertung des Dollars nicht ganz unlieb wäre, weil es die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft stärken würde - but: WHO KNOWS ?!??
Eine zusätzliche Anmerkungen:
Während sich die Leistungsbilanzdefizite (also Nettokapitalimporte) der USA seit 1980 auf 10.806 Milliarden Dollar akkumuliert haben, liegen die Nettoauslandsverbindlichkeiten heute ca. 3.000 Milliarden Dollar niedriger. Charles de Gaulle hatte schon in den 1960er Jahren dieses Phänomen als "exorbitantes Privileg" beklagt. Ronald McKinnon (ein VWL-Prof. in Stanford) sprach von einer "quasi-unbegrenzten Kreditlinie", die der internationalen Rolle des Dollar zu verdanken sei.
Final conclusion (Etwas zum Überlegen; Fur uns ALLE):
Mit anderen Worten: die USA beuten über die Leistungsbilanzungleichgewichte ihre Handelspartner aus, (wohl) nicht umgekehrt! Neben Deutschland sind Japan und China die großen Zahlmeister. Donald Trump wäre irre, wenn er dieses Privileg durch eine ausgeglichene Leistungsbilanz aus der Hand geben würde. Andererseits sollte sich Deutschland überlegen, ob in einer Welt hoch volatiler Finanzmärkte so hohe Nettokapitalexporte sinnvoll sind. Sie könnten in Deutschland wohl besser investiert werden. z. B. in neue Straßen, bessere Brücken, schnellere Zugstrecken, mehr Kindergärten oder in neue, schicke Innenstädte für Duisburg und Dortmund. Diese Investitionen würden nach dem Platzen von Blasen wenigstens bestehen bleiben...
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